Man ist damit vertraut, dass Uhren Zeiger haben. Allerdings war das nicht immer so. Geht man der Frage nach,
ob sie von Anfang an Teil der mechanischen Uhr, der Räderuhr also, waren, so gibt es keine Quellen die
Hinweise auf Zeiger geben.
Die Glocke war es, die den Takt gab für das, von Kirche und Klöstern geprägtem Leben, die zu den Messen
und Andachten rief, zu den Gebeten des Tages anhielt und in der monastischen Welt die Brüder und Schwestern
der Gemeinschaften zu nächtlichem Gebet, Gesängen und Meditation, den Vigilien, zusammenführte.
Der Turmuhr von Mailands San Gottardo blieb es vorbehalten, im Jahre 1336 mit einer Neuerung ausgestattet zu
werden, deren Bedeutung für das menschliche Sein und Werden nicht hoch genug einzuschätzen war: mit einem Schlagwerk,
welches die Abfolge der Zeiteinheit 'Stunde' unterscheidbar indiziert.
War er, der Uhrzeiger der seine Kreise dreht, noch zu erfinden - stand sein Auftritt etwa noch bevor? Keinesfalls!
Bereits in den Schriften der Antike über Wasseruhren - deren Kenntnis und Studium den gebildeten Erfinderkreisen zur Zeit
der Hochscholastik vorausgesetzt werden darf - welche mit Kreisform-Stundenskala ausgestattet waren, war dem mechanisch gesteuerten Uhrzeiger
längst Funktion zugewiesen worden.
Nach dem Wachsen und Aufblühen der alten und dem Enstehen neuer Städte im 14. Jahrhundert mehren sich die
Nachrichten über Uhren, die nun vielerorts auch von Türmen, Rathäusern und Palästen schlagen. Die Zeit wurde
jetzt zu Koordinate des wirschaftlich und gesellschaflich komplexen Lebens der Städte. Bald konnte die Zeitinformation
via Glockenschlag, selbst dann, wenn halb- und viertelstündlich vermittelt, den gesteigerten Ansprüchen nicht mehr
voll genügen. Jetzt erst brach die neue Ära des Uhrzeigers an - im Dienste der Räderuhr.
Nur er, der Uhrzeiger erlaubte, was der Glocke nicht vergönnt ist: den jederzeitigen
Zugriff auf die nun auf Skalen markierten Abschnitte des flüchtigen Wesens 'Zeit'.
Während es noch bis in das 15. Jahrhundert hinein währen sollte, bis der Zeiger über
den Stundeskalen landauf landab seine Kreise drehen konnte, war dem
Mittelhochdeutschen Wort für Zeigefinger 'Zeiger' die weitere Bedeutung 'Uhrzeiger'
zugewachsen. Die Nachbarn jenseites des Kanals hingegen machten 'hand', also 'Hand' zum
Synonym für Uhrzeiger.
Lange blieb der Stundenzeiger allein. Bis dank der erneuten Erkenntnis der galileischen Beobachtung vom
Gleichmass der Schwingungen eines Körpers und deren nun konsequenter Anwendung - 1656 durch
Christian Huygens - das Pendel als Gangregler dem Lauf der Uhrwerke die lang erstrebte Gleichmässigkeit
ermöglichte.
Noch im selben Säkulum erfährt auch die seit Beginn des vorangegangenen
Jahrhunderts hinzugekommene am Körper zu tragende Uhr durch Verwendung der
Spiralfeder in Verbindung mit der Radunrast eine Verbesserung ihrer Gangleistung.
Die Voraussetzung für die Verfügbarkeit kleinerer Zeiteinheiten war somit gegeben
und Zeiger zu deren arbeitsteiligen Anzeige liessen nicht lange auf sich warten.
In der Überganszeit erfolgte diese bei der Taschenuhr auf separaten Zifferblättern
oder durch Lösungen anderer Art - bis sich für Platzhalter Stundenzeiger und den
Hinzukömmling Minutenzeiger die bis heute übliche koaxiale Anordnung durchsetze.
Stunden- und Minutenzeiger wurden hierdurch, falls das Glück ihnen hold und keiner
von beiden abhanden kam, zu Partnern auf Dauer.
Die Halb- und Viertelteilung der Stunde musste weichen, der Ziffernkreis erhielt die
von den Babyloniern übernommene 60er Unterteilung der Stunde - welche bezogen
auf den Stundenzeiger einer fünftel Stundenteilung entspricht - die uns von
heutigen Zifferblättern vertraut ist.
Die weitere Unterteilung der Stunde, die der Minute in wiederum 60 Einheiten,
Sekunde genannt - einer Einheit, die seit Ptolemäus' Tagen im zweiten Jahrhundert
n Chr. bekannt war und heutzutage die Basiseinheit der Zeit darstellt - folgte bald
nach und wie es scheint, war die technisch schwierigere, die koaxiale Version der
Zuordnung, die anfangs gesuchtere Lösung.
Zeiger Meilensteine
1587 Eine erste Uhr mit koaxialer Zeigeranordnung wird gebaut. Allerdings dient zunächst der
lange Zeiger zur Anzeige der Stunden, die Minuten werden durch den kurzen Zeiger angezeigt.
1680 Uhren mit Minuten- und Stundenzeigern auf dem gleichen Zifferblatt werden entwickelt.
1783 Abraham Louis Breguet führt die Tonfeder bei Repetieruhren ein. Er versieht seine Uhren ab diesem
Jahr mit der nach ihm benannten, charakteristischen Zeigerform.
1800 Die ersten Taschenuhren mit Sekundenzeigern erscheinen. Um diese Zeit sind Taschenuhren
mit perlenbesetzten Gehäusen die grosse Mode aus Paris und Genf.
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Handgearbeitete Spindeltaschenuhrzeiger der Zeit und Form Louis XV und Louis XVI,
sowie entsprechende Formen, die im Gussverfahren hergestellt wurden; Gold, vergoldet, Stahl gebläut.
Zum Vergleich - oben links - geprägte, spätere Zeiger der gleichen Art.
Die französische Note - stärkere Zifferblattwölbung, Aufzugsloch, nur schwach ausgeprägte
Ziffernzone - Louis XV-Zeiger, Lilienform-Zeiger, Diamantbesatz für Zeiger und Halbstundenmarkierung (1760 - 1780)
Die Breguet-Ziffern im Wandel der Zeit. Sie fanden weiter Verbreitung von der Montre des Paysanne, der
französichen Bauernuhr, bis zu den Spitzenprodukten schweizerischer und Glashütter Provenienz. Breguet hat
diese Ziffernform, wie auch die Breguet-Zeigerform, nicht erfunden sondern hat sie von J.A. Lepine, der beide
entwickelt hat, übernommen (1810 - 1930)
Fernost - Löffelformzeiger und Zentralsekunde sind die Merkmale der Taschenuhren für den chinesischen Markt.
Die Strenge der Zifferblätter steht dabei in auffallendem Kontrast zu opulent dekorierten Gehäusen und den reichverzierten
Werken. Naher Osten - Die Zeigerform 'Orientale' fand meist Verwendung, Stern/Halbmond dagegen nur selten (um 1900)
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